Rede von Paul Henri Spaak

Rede von Paul Henri Spaak

Zu Beginn meiner Worte darf ich zunächst versuchen, Ihnen den Dank abzustatten, den ich Ihnen schulde, und den Ausdruck dessen zu vermitteln, was ich fühle, wie sehr ich ergriffen bin davon, daß man mir heute in dieser historischen Stadt den Karlspreis verliehen hat. Ich bin sehr glücklich, nun auf der Liste mit Preisträgern zu stehen, von denen jeder einzelne die Ehre verdient hat, die ihm zuteil geworden ist. Ich denke an den Grafen Coudenhove-Kalergi, diesen Vorläufer und Propheten der europäischen Einheit. Ich denke an Herrn Brugmans, jenen großen Lehrer für die Begeisterung, die Dynamik, die notwendig ist, diese Idee zu verwirklichen, diesem Mann die europäische Erziehung unserer Jugend anvertraut zu haben. Ich denke an Jean Monnet, diesen unermüdlichen Initiator, dessen Rolle darin bestand, die Basis für das Gelingen der europäischen Idee zu legen und dessen Rolle noch nicht genügend bekannt ist. Denn ich wage zu sagen, daß er schon nach Kriegsende die Initiative ergriff, um diese große europäische Aufgabe zu leisten, zu vollbringen. All das wäre nicht möglich gewesen, alles was wir erreicht haben, hätte nicht erreicht werden können, wenn nicht große Leute geholfen hätten, wenn nicht die Geduld und der Eifer Jean Monnets uns geholfen hätten. Man möge mir verzeihen, wenn ich hier etwas verwirrt bin, und diese Verwirrung mag wohl daher kommen, daß ich nun mit Ergriffenheit sehe, daß mein Name auf einer Liste steht, in der die Namen de Gasperi, Churchill und Adenauer bereits verzeichnet sind. Ich bin Politiker, deshalb werden Sie verstehen, daß ich mit Ergriffenheit diese wenigen Namen de Gasperi, Churchill und Adenauer ausspreche. Denn ich glaube, es handelt sich hier um die berühmtesten Namen des politischen Nachkriegseuropas. Sie haben Gewaltiges geleistet für unsere Wiederaussöhnung, für unsere Einheit und für die Verteidigung unserer Zivilisation. Deshalb bin ich so ergriffen, ihren Namen nun gleichgestellt zu sein. Ich bin auch sehr glücklich darüber, diesen Preis erhalten zu haben, den Karlspreis und gerade hier in der Stadt Aachen. Wenn unsere europäische Konzeption etwa historische Gründe noch brauchte, dann könnten wir, ohne irgendwelche Irrtümer zu begehen, einfach an das Werk Karls des Großen zurückdenken, denn in ihm sehen wir einen Vorkämpfer Europas und den Schaffer eines Reiches, das uns allen gemeinsam war. Ich wollte meine historischen Kenntnisse nur kurz und etwas auffrischen und las in einem Buch über den Vertrag von Verdun, daß durch ihn Deutschland und Frankreich auf ewig getrennt wurden.

Nun, meine Damen und Herren! Das ist das Begeisternde in der Aufgabe all derer, die Europa bauen wollen. Wir müssen die Geschichte korrigieren, was wir alle seit einigen Jahren schon tun. Das ist, und ich glaube sehr ernsthaft daran, ein Werk, das darin bestehen muß, die Irrtümer zu beseitigen und null und nichtig zu machen, die durch jenen Vertrag geschaffen worden sind. Welch nationalistischer Klang doch dieser Satz hat. Der Vertrag hatte Deutschland und Frankreich auf ewig getrennt. Denken wir auch daran, daß es nun auf unseren Willen ankommt, die Einheit Europas so zu schaffen, daß das alte Reich wieder erstehen kann. Ich glaube, daß das Direktorium des Karlspreises in mir wohl die Treue zur europäischen Idee ehren wollte und wohl auch die Tatsache, daß ich im Verlauf der letzten Jahre an der Abfassung der Verträge über den Gemeinsamen Markt und Euratom teilgenommen habe. Ich darf ohne gar zu große Bescheidenheit sagen, daß ich immer Europäer gewesen bin. Immer, von dem Augenblick ab, von dem ich mich um politische Dinge kümmerte und politisch dachte. Ich war Europäer nach dem Ersten Weltkrieg schon, als ich aus dem deutschen Kriegsgefangenenlager zurückkam. Ich war Europäer, denn instinktiv fühlte ich damals schon, daß nur ein vereinigtes Europa einen Zweiten Weltkrieg verhindern könnte. Und mit Leidenschaft und Rührung verfolgte ich alle Anstrengungen, die in Frankreich und Deutschland von gläubigen und mutigen Staatsmännern unternommen wurden, von Staatsmännern, die über den Leidenschaften und über den Ressentiments standen. Um zunächst einmal die beiden großen Staaten zu versöhnen, damit wir dann zu einem brüderlich vereinten, friedlichen Europa kommen könnten. Allzu schlechte Doktrinen aber störten unser Werk: Kommunismus, Faschismus, Nationalsozialismus. Diese großen Doktrinen haben uns nicht etwa geeint, sondern trennten uns immer mehr. Ein großer Graben tat sich auf, über den wir nicht mehr hinweg konnten. Und dann verzichteten wir darauf, das herbeizuführen, was uns als großes Ideal erschien, und das wir doch mit großer Klarheit realisiert haben wollten. Diese Entwicklung führte uns unvermeidlich zum Zweiten Weltkrieg hin. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben viele von uns mehr und mehr in Europa das Bewußtsein der Realität geweckt, und haben begriffen, daß dieser große Konflikt uns getrennt hatte. Über alle Grausamkeiten hinweg, über alle Leidenschaften hinweg, die er entfesselt hatte und die uns trennten, haben wir nach und nach das Bewußtsein dessen erlangt, daß dieser europäische Krieg, der Nationen gegen Nationen hetzte, nichts anderes war als die schreckliche Form eines Bürgerkrieges. Denn der allein Unterlegene des Zweiten Weltkrieges war unzweifelhaft ganz Europa. Heute ermessen wir, was die zwei Weltkriege uns gebracht haben, welchen Verlust an diplomatischen und politischen Einflüssen sie uns gebracht haben. Was sie uns an Verlust gebracht haben auf sozialem Gebiet. Und an wirtschaftlichem Fortschritt. Und seit 1945 haben wir verstanden, daß es darauf ankam, diese Schäden nun wieder zu heilen. Eine große Anzahl von Menschen verstanden das damals. Viel wurde getan damals nicht nur auf militärischem, wirtschaftlichem, kulturellem Gebiet, nicht nur aus der Überzeugung heraus, die Ruinen zu beseitigen, sondern auch aus dem Bewußtsein heraus, daß die Aufgabe der politischen Generation, die zur politischen Reife gelangt war, darin bestand, eine Zivilisation zu retten und zu schützen, die unsere Lebensbindung ist. Lange Zeit hindurch haben wir geglaubt, daß unsere abendländische Kultur endgültig und für alle Zeiten festgesetzt war, daß sie sicher vor allen Gefahren und Drohungen war, und daß die Regeln dieser Kultur so tief in das Herz der Menschen eingegraben waren, daß sie unvergänglich blieben. Wir wissen heute, daß dem nicht so ist. Wir wissen heute, daß die allgemeinen Grundsätze, die wesentlichen Grundsätze dieser Zivilisation heute wieder in Frage gestellt sind, und daß die Wahrheiten unserer Kultur, ohne die wir gar nicht leben könnten, heute bedroht sind. Diese Kultur, wir wissen das, ist im alten Hellas entstanden, entwickelte sich in Rom, vor allem unter dem Einfluß des Christentums, wurde im Laufe der Jahrhunderte reicher und reicher. Über den Humanismus gelangten wir zur Toleranz, unsere politischen Kämpfe haben uns die Freiheit gebracht und unsere sozialen Kämpfe sollten uns eines Tages die soziale Gerechtigkeit bringen. Diese abendländische Kultur, die für den Menschen und nach dem Maß des Menschen geschaffen ist, im wesentlichen auf dem Grundsatz des Respektes der menschlichen Person basierte. Eine wesentliche Eigenschaft dieser Kultur, dieser abendländischen Kultur, ist auch die politische Einheit und die soziale Gerechtigkeit für den Menschen. Es kann weder Freiheit noch Gerechtigkeit geben, wenn der Mensch bedrückt, wenn er unfrei ist. Diese Aufgabe wollen wir vollbringen. Wir wissen aber, daß es eine schwierige Aufgabe ist und vor allem zwei wesentliche Tugenden verlangt, die sich gar nicht gegenseitig ausschließen, das ist Begeisterung und Geduld. Wir wissen, daß dieses europäische Werk aus Siegen und Niederlagen besteht. Wir haben die begeisternden Stunden erlebt, als der Europarat geschaffen wurde, als die erste Sitzung in Straßburg stattfand. Wir haben das Glück des Erfolgs gekannt, als die Montanunion Wirklichkeit wurde. Wir haben aber auch trübe Stunden erlebt, als z. B. die EVG nicht verwirklicht werden konnte. Durch diese Niederlagen haben wir uns aber nicht entmutigen lassen. Es war gewiß für uns ein schwerer Schlag, und trotzdem haben wir das Vertrauen in unsere Ideale nicht verloren. Obwohl durch das Mißlingen der EVG uns Wunden geschlagen wurden, haben wir versucht, Europa auf andere Weise, z. B. auf wirtschaftlichem Gebiet, zu schaffen. Der Wiederaufstieg Europas, zu dem ich mit meinen Kräften beigetragen habe, ist ein gemeinsames Werk gewesen. Und es wäre ungerecht, wenn man mir den wesentlichen Teil dieses Verdienstes zuschreiben wollte. Denn dieses Werk wäre nicht möglich gewesen ohne die enge Zusammenarbeit mit den Außenministern der sechs Länder unserer Gemeinschaft. Vor allem aber handelt es sich um ein Werk, das nicht möglich gewesen wäre, wenn im Verlauf der Vorarbeiten von Messina und Brüssel, ich es nicht mit Leuten zu tun gehabt hätte, die gleichzeitig begeisterte Fachleute waren und die mit Eifer an dem Platz ausharrten, der ihnen zugeteilt worden war. Ich darf all diesen Leuten recht herzlich danken für den Eifer, mit dem sie meine Arbeit unterstützt haben. Ich glaube, daß dieser Wiederaufstieg Europas ein Erfolg ist. Das muß man doch anerkennen. Ich möchte vielleicht sagen, daß es ein größerer Sieg für unsere Sache ist, als wir uns bei unserer ersten Zusammenkunft in Messina vorgestellt haben. Er wurde auch schneller errungen als wir glaubten. Aber damals hatte doch niemand geglaubt, daß zwei Jahre später die Parlamente sich mit der Ratifizierung des Vertrages über den Gemeinsamen Markt und die gemeinsame Ausnutzung der Atomenergie befassen würden. Daß sich die Parlamente damit befassen, ist ganz ohne Zweifel etwas Großes. Dann, und ich hoffe, daß die Verträge bald ratifiziert sind, wird es uns möglich sein, schon gewisse Konsequenzen aus unseren Erfolgen abzustecken. Und die erste Konsequenz dieser Art wäre wohl, daß selbst die wachsamsten Leute unter uns nicht geglaubt haben, daß die Verträge über den Gemeinsamen Markt und Euratom doch sehr stark dazu beitragen, den Frieden in unserem Teil Europas zu wahren. Ich möchte diesen Gedanken nun etwas in den Einzelheiten behandeln. Ich glaube nämlich, daß wir in einer Zeit leben, in der unsere Einbildungskraft etwas stärker entwickelt ist als unser Gedächtnis. Ein eventueller Dritter Weltkrieg, der, so glaube ich, unwahrscheinlich ist, ließe wohl zu viele Frauen und Männer vergessen, daß es einen Zweiten und einen Ersten Weltkrieg gegeben hat. Verträge, wie diese, die nun vorliegen, die die Geschicke der sechs Länder so eng miteinander verknüpfen und auch die Frankreichs und Deutschlands so eng miteinander verbinden, sollten die Zeiten vergessen lassen, die soviel Blut über unsere Länder gebracht haben. Und das ist doch ohne Zweifel ein Erfolg, der verheißungsvoll und tröstlich zugleich ist. Und dem möchte ich noch etwas hinzufügen, etwas, über das ich mir im Augenblick sehr viele Gedanken mache. Ich glaube, daß es im Augenblick in der Welt eine Tendenz gibt, deren Großartigkeit ich nicht bestreiten möchte. Ich möchte auch nicht die guten Absichten derer anzweifeln, die daran teilhaben. Dennoch möchte ich sagen, daß es sich hier m. E. um eine bedauerliche Tendenz handelt. Die Tendenz nämlich derer, die den Willen haben, bestimmte Schrecken des Krieges zwar unmöglich zu machen, die aber weniger den Willen haben, den Krieg überhaupt unmöglich zu machen. Selbst auf die Gefahr hin, einige meiner Zuhörer zu schockieren, möchte ich doch sagen, daß das, was mir verbrecherisch am Kriege erscheint, nicht notwendigerweise die Anzahl der Menschen ist, die getötet werden. Was mir das Wesentliche an diesem Verbrechen des Krieges ist, das ist der Krieg selbst. Und dann möchte ich noch sagen, obwohl die Form etwas brutal erscheinen möchte, daß der Krieg nicht eine Sache der Mathematik und des mathematischen Zählens ist. Wir müssen vermeiden, daß wir den Krieg weniger schrecklich machen und ihn infolgedessen möglich machen. Wir müssen vor allen Dingen die Ursache der Kriege selber vermeiden.

In meinem Lande habe ich oft sagen hören, etwas was sehr viel Eindruck hinterlassen hat, ein Wort, das sehr oft in den letzten Jahren gesprochen wurde: Ein Militär, ein Soldat, nahm an einer militärischen Übung teil, und man ging von der Annahme aus, daß ganz plötzlich ein Atomangriff auf die westliche Welt gestartet worden war. Die militärischen Experten hatten festgestellt, daß unter diesen Bedingungen der evtl. Gegner wohl ohne Zweifel innerhalb der ersten Tage des Krieges etwa zwischen 15 Mill. und 20 Mill. Westeuropäer töten könnte. Ich weiß nicht, ob Sie darin einen gewissen Trost feststellen, daß, wenn 15 - 20 Millionen Westeuropäer getötet wären, wir dahin gelangen könnten, ungefähr 50 Millionen unserer Gegner zu täten. Ich war entsetzt von den Ergebnissen dieser Untersuchung, und es wurde damals gesagt, man müsse den Krieg wieder auf das menschliche Maß zurückführen. Ein Militär hat das ausgesprochen. Meine Damen und Herren! Der Ausspruch dieses Soldaten zeigt uns ohne Zweifel, wie schrecklich ein dritter Weltkrieg werden wird. Ich glaube auch, daß dieser Ausspruch uns zeigt, was nicht zu tun ist. Wir dürfen den Krieg nicht wieder auf das menschliche Maß zurückführen, damit wir evtl. nur einen Krieg zu führen hätten, der dem zweiten Weltkrieg ähnlich wäre, unser Ehrgeiz muß größer abgesteckt sein, unser Wille muß menschlicher sein, wir müssen selbst den Gedanken des Krieges ausrotten, wir müssen den Krieg selbst unmöglich machen. Was wir also tun müssen, und was wir mit unserem Willen vollbringen müssen, ist in einigen einfachen Grundsätzen wiederzugeben.
Es handelt sich nicht darum, die schrecklichsten Waffen auszurotten, es handelt sich nicht darum, die Anzahl der Getöteten auf ein Mindestmaß zurückzuführen, es handelt sich nicht nur um die Abrüstung, auch nicht die kontrollierte Abrüstung. Ich glaube, das alles ist gewährleistet, wenn wir den Grundsatz der internationalen Gerechtigkeit erfassen und beachten. Wenn man leichten Herzens bestimmte internationale Gerechtigkeiten, die klar auf der Hand liegen, ohne weiteres anerkennt, dann ist man nicht für den Frieden und nicht für die internationale Gerechtigkeit. Man muß den Völkern die Möglichkeit lassen, nach den Regeln zu leben, die sie sich geben wollen. Wenn man von dem Grundsatz ausgeht, daß man Menschen, Familien, trennen will, die jahrhundertelang zusammengelebt haben, dann ist man nicht für den Frieden, dann ist man nicht für die internationale Gerechtigkeit.
Die weitere Folgerung, die aus den Verträgen über Euratom und den Gemeinsamen Markt zu ziehen wäre, wäre wohl die, daß wir nach deren Ratifizierung in der Lage sein würden, unsere wesentlichen wirtschaftlichen und sozialen Probleme dann zu lösen. Ich bin nicht ein Fachmann auf dem Gebiet der Wirtschaft. Wenn ich mich auf dieses Gebiet wage, so tue ich es immer mit sehr viel Vorsicht und sage dabei immer, daß ich dabei mehr von der Intuition als von der Sachkenntnis ausgehe. Aber meine Intuition wird doch von der Meinung vieler Fachleute bekräftigt, so daß ich heute von dieser Intuition als einer Art bestätigter Meinung sprechen darf. Ich bin überzeugt, daß vor allem die wirtschaftliche und soziale Zukunft den großen Gemeinschaften gehören wird. Ich bin überzeugt, daß es unmöglich ist, im Rahmen unserer einzelnen europäischen Länder die letzten Fortschritte der Wissenschaft und der Technik zu realisieren. Im Abkommen der Fachleute, die in Brüssel zusammen waren, gibt es eine Feststellung, die nie dementiert worden ist. Die Fachleute rechtfertigen ihre Arbeit und sagen dabei, daß es heute auf dem europäischen Kontinent keine einzige Autofabrik mehr gibt, deren Produktionskapazität ausreichen würde, um mit einer gleichartigen Fabrik in Amerika konkurrieren zu können. Die Fachleute sagten dabei auch, daß es kein einziges europäisches kontinentales Land mehr gibt, daß unter beschränkten wirtschaftlichen Bedingungen die großen Transportflugzeuge bauen könnte. Schließlich stellten die Fachleute noch fest, daß auf dem Gebiet der Atomenergie als auch auf dem Gebiet der atomaren Forschung wir im Verhältnis zu bestimmten anderen Ländern 10 Jahre zurück sind. Von diesen so dringenden und wichtigen Problemen der Automation sind wir noch so weit entfernt, daß auch bestimmte Länder schon erkannt haben, weiteste Perspektiven für den wirtschaftlichen Fortschritt zu eröffnen. Und wenn das alles wahr ist, und ich glaube, daß es wahr ist, wieviel Gedanken müssen wir uns dann machen, wieviel Unruhe muß das in uns schaffen, damit wir zu den Lösungen kommen, die für all die Länder wichtig sind, die doch vor noch nicht allzu langer Zeit an der Spitze des industriellen und wirtschaftlichen Fortschritts gestanden haben. Ich bin überzeugt, daß, wenn wir den notwendigen Mut und die notwendige Beharrlichkeit zeigen, die im Euratom und im gemeinsamen Marktvertrag gesteckten Ziele zu verwirklichen, daß das für unsere Länder bedeuten wird, gemeinschaftlich in einem Europa vorzugehen und dann auch hier gemeinsam den Platz in der Welt einzunehmen, der uns früher zukam. Und das ist wohl der einzige Nationalismus, der mir eigen ist. Europa hat Anspruch auf einen der ersten Plätze in der Welt. Wir hätten aber unrecht zu glauben, daß damit unsere Arbeit bereits geleistet wäre. Im Verlauf des Bauens um Europa kann es manchmal eine Pause geben, aber niemals ein freiwilliges Nachlassen. Der Kampf muß weitergehen, unsere Feinde sind ja nicht weniger zahlreich geworden. Die Verträge müssen ratifiziert werden, damit neue Hoffnungen, die wir bereits hegen, ebenfalls erfüllt werden. Wir haben darauf hingewiesen, daß es notwendig ist, auf allen Gebieten der europäischen Zusammenarbeit immer enger zusammenzuarbeiten, auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet. Natürlich brauchen wir dazu den Beistand all derer, die an Europa glauben. Wie auch immer die Aufgaben sein werden, die man mir übertragen hat, ich hoffe, daß ich an dieser Arbeit immer Anteil haben werde. Auch im Rahmen der atlantischen Gemeinschaft bleibe ich unerschütterlich meinen europäischen Überzeugungen treu. Was geschaffen werden muß, ist, innerhalb der atlantischen Gemeinschaft die Idee zu verwirklichen, daß das gemeinsame Europa ein treuer, aber auch ein starker Partner ist. Ich hoffe, daß wenn es eines Tages gelungen sein wird, alle Völker für ein Europa zu vereinigen, wir wohl sagen werden, daß in Erinnerung des Karlspreises, der mir heute verleihen worden ist, das Direktorium damals mir den Preis nur aus Großzügigkeit verlieh, daß ich ihn aber später durch meine Arbeit verdient habe.