Der Karlspreis

Ein Symbol für die Einheit Europas

Seit 1950 ehrt der Karlspreis Persönlichkeiten, die sich für die europäische Einigung und gemeinsame Werte einsetzen.

Auszeichnung für Europas Vereinigung

Der Internationale Karlspreis zu Aachen wird seit 1950 an Persönlichkeiten verliehen, die sich in herausragender Weise für die europäische Einigung und Zusammenarbeit einsetzen. Die erste Auszeichnung erhielt Richard Graf Coudenhove-Kalergi, Begründer der paneuropäischen Bewegung. Bereits in den ersten Jahren erlangte der Preis internationales Ansehen – insbesondere durch die Ehrung von Alcide De Gasperi (1952), Jean Monnet, Konrad Adenauer und Robert Schuman, den politischen Architekten des vereinten Europas.

Über die Jahrzehnte hinweg wurde der Preis zu einem Spiegelbild des europäischen Integrationsprozesses: Von den Gründervätern der EU über die treibenden Kräfte der Wiedervereinigung bis hin zu heutigen Impulsgebern für Demokratie, Menschenrechte und nachhaltige Entwicklung. Geehrt wurden bedeutende Persönlichkeiten wie Simone Veil, François Mitterrand, Helmut Kohl, Václav Havel, Angela Merkel, Donald Tusk und Papst Johannes Paul II., der 2004 mit einem Außerordentlichen Karlspreis ausgezeichnet wurde.

 

Der Karlspreis in Zeiten der Veränderung

Der Karlspreis greift aktuelle Entwicklungen auf und gibt wichtige Impulse für die Zukunft Europas. In den vergangenen Jahren standen die Preisverleihungen oft im Zeichen großer Herausforderungen: von der Staatsschuldenkrise über die Vertrauenskrise in die EU bis hin zu Debatten über Migration, Sicherheit und Demokratie. Preisträger wie Jean-Claude Trichet, Wolfgang Schäuble, Herman Van Rompuy und Martin Schulz nutzten die Plattform, um richtungsweisende Ideen für Europas Zukunft zu formulieren.

Der Preis macht selbst keine Politik, sondern bringt Bürger, Institutionen und Führungspersönlichkeiten zusammen, um den europäischen Einigungsprozess zu unterstützen, kritisch zu begleiten und zu stärken. Besonders junge Menschen sollen für die Idee Europas begeistert werden. Deshalb wurde 2008 der Europäische Karlspreis für die Jugend ins Leben gerufen, der Initiativen auszeichnet, die die europäische Idee aktiv fördern und leben.

Papst Franziskus und die Werte Europas

Im Jahr 2016 wurde der Karlspreis an Papst Franziskus verliehen – als Anerkennung für sein außergewöhnliches Engagement für Frieden, Menschlichkeit, Solidarität und soziale Gerechtigkeit. In seiner bewegenden Botschaft rief er dazu auf, Europa als Wertegemeinschaft zu verstehen und den Fokus wieder stärker auf den Menschen zu richten. Europa müsse sich seiner historischen Verantwortung bewusst werden und seine Einheit weiterentwickeln.

 

Ein Preis für die Zukunft Europas

Gerade in Zeiten wachsender Unsicherheiten bleibt der Karlspreis ein Symbol der Ermutigung. Er steht für die Überzeugung, dass Europas Stärke in Einheit, Vielfalt und Solidarität liegt. Die Preisträger und ihre Botschaften senden Jahr für Jahr ein starkes Signal für die Gestaltung eines gemeinsamen Europas – ein Europa, das nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial, kulturell und politisch zusammenwächst.

 

Dr. Jürgen Linden
Vorsitzender des Karlspreisdirektoriums

 

Die europäische Wirkung des Karlspreises

Völkerverständigung im Mittelpunkt

1950er Jahre

Die Gründerväter
1950 Schumanplan
1951 Gründung der EGKS
1954 Gründung der Westeuropäischen Union
1957 Unterzeichnung der Römischen Verträge
1957 Gründung von EWG & EAG

1960er Jahre

Die Hoffnungsträger für Vertiefung und Erweiterung
1960 Gründung der EFTA
1963 Französisches Veto gegen den britischen Beitritt zur EWG
1965 Fusionsvertrag und “Politik des lehren Stuhls”
1968 Zollunion der EWG
1969 Beschluss über die Wirtschafts- und Währungsunion

1970er Jahre

Die Verantwortlichen für demokratische Institutionen
1972 Freihandelsabkommen zwischen EG & EFTA
1973 TrEG-Beitritt von GB, IRL, DNK
1974 Einrichtung des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung
1975 Vorschlag für eine politische Union
1977 Beitrittsanträge von PT und ES
1978 Einführung eines europäischen Währungssystems
1979 1. Direktwahl des Europäischen Parlamentt

1980er Jahre

Die Gestalter einer politischen Union
1981 EG-Beitritt GRC
1985 Schengener Abkommen
1986 EG-Beitritt ES und PT; Einheitliche Europäischen Akte
1987 Start des ERASMUS Programms; Inkrafttreten des EEA
1988 Annahme des Delors-Pakets
1989 Fall der Berliner Mauer

1990er Jahre

Dier Preisträger-/innen: Die Hoffnungsträger
1990 Wiedervereinigung Deutschlands
1992 Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum
1993 Vertrag von Maastricht
1995 EU-Beitritt FIN, SWE, AUT
1996 Stabilitätspakt
1997 Vertrag von Amsterdam
1998 Gründung der Europäischen Zentralbank

2000er Jahre

Die Unterstützer neuer Akzente
2001 Vertrag von Nizza
2002 Der EURO wird zum gesetzlichen Zahlungsmittel
2003 Friedenssicherungseinsätze auf dem Balkan
2004 EU-Beitritt CYP, MLT, EST, LVA, LTU, POL, HUN, CZE, SVK, SVN
2005 Ablehnung einer Verfassung für die EU (Referenden in FRA und NLD)
2007 EU-Beitritt BGR, RO
2009 Vertrag von Lissabon

Heute

Die Stimmen der Zeitenwende
2012 EU erhält den Friedensnobelpreis
2013 EU Beitritt HRV
2015 Pariser Klimaabkommen
2016 BREXIT-Referendum
2019 European Green Deal
2020 Ausbruch der COVID-19 Pandemie
2022 Kriegsausbruch in der Ukraine
2023 Anstieg der Unruhen im Nahen Osten

Weiterentwicklung

Öffentliche Diskussion

Im Jahr 1987 führte die Nominierung des ehemaligen amerikanischen Außenministers Henry Kissinger zu einer breiten öffentlichen Diskussion über die Ziele des Karlspreises. Kissingers skeptische Haltung gegenüber den Abrüstungsverhandlungen mit der Sowjetunion sorgte für Meinungsverschiedenheiten im Direktorium. Zwei Mitglieder verließen das Gremium, und es gab Kritik an der fehlenden Legitimation durch den Stadtrat. In Reaktion auf diese Kontroverse änderte die Karlspreisgesellschaft den Namen des Preises in „Internationaler Karlspreis zu Aachen“, um den Charakter der Auszeichnung als Bürgerpreis zu betonen.

12 Länder involviert

Die Europäische Gemeinschaft war längst Realität geworden. Aus den ursprünglich sechs Gründungsmitgliedern im Jahre 1958 war inzwischen ein Kreis von zwölf Ländern geworden. Nach einer Phase der europapolitischen Stagnation in den 70er Jahren wuchs in der zweiten Hälfte der 80er Jahre unter den Mitgliedstaaten die Entschlossenheit, den Integrationsprozess neu zu beleben. Kernstück der im Jahre 1986 vereinbarten „Einheitlichen Europäischen Akte“ war die Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes bis Ende 1992.

Neue Ausrichtung

Mit dem Ende des Kalten Krieges und der Wiedervereinigung Deutschlands eröffneten sich neue Perspektiven für die europäische Integration. Die politischen Veränderungen in Osteuropa und der Zerfall der Sowjetunion führten 1990 zur gemeinsamen Erklärung des Rates der Stadt Aachen und der Karlspreisgesellschaft. Diese Erklärung aktualisierte die ursprüngliche Gründungsproklamation und betonte das Ziel einer friedlichen Integration freier Nationen auf dem gesamten europäischen Kontinent.

Erweiterte Zielsetzung

Die gemeinsame Erklärung von 1990 betonte einen umfassenden Zusammenschluss aller europäischen Staaten, einschließlich Mittel- und Osteuropas, und bekräftigte das zentrale Ziel des Karlspreises: Völkerverständigung. Sie hob auch die Bedeutung Europas beim Ausgleich des Nord-Süd-Gegensatzes hervor und forderte den Schutz der Umwelt für künftige Generationen. Diese erweiterten Ziele spiegeln die Entwicklungen der letzten 40 Jahre wider und reagieren auf die veränderten politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

Politisch-Kulturelles Rahmenprogramm

Die 1990 ebenfalls vereinbarte stärkere Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger in das Karlspreisgeschehen fand großen Zuspruch. Durch ein mehrwöchiges, vor allem politisch-kulturell ausgerichtetes Rahmenprogramm im Vorfeld der Karlspreisverleihung werden seither die Person und das Herkunftsland des jeweiligen Preisträgers, sein europapolitisches Wirken, aber auch allgemeine Zukunftsfragen des vereinten Europas der breiten Bevölkerung nahe gebracht.