Laudatio von Gerhard Schröder

Laudatio von Gerhard Schröder

Sehr geehrter Herr Präsident,

lieber Bill Clinton,
verehrter Herr Bundespräsident,
Majestäten,

meine Damen und Herren Präsidenten, Exzellenzen
Herr Ministerpräsident

Herr Oberbürgermeister
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir haben die Ehre und das Vergnügen, heute hier in Aachen einen großartigen Freund Deutschlands und Europas zu begrüßen: den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Bill Clinton.

Bill, der herzliche Empfang, den Dir die Menschen in Aachen bereitet haben, zeigt, wie sehr sie Dich schätzen. Und wer Dich dabei beobachtet hat, der konnte sehen, wie sehr diese Gefühle von Achtung und Respekt auf Gegenseitigkeit beruhen.

Ich bin froh darüber, dass ich seit meinem Amtsantritt mit einem amerikanischen Präsidenten zusammenarbeiten kann, der in besonderem Maße über politische Weitsicht, Erfahrung und menschliche Ausstrahlung verfügt.

Bill Clinton kann mit Stolz auf zwei Amtszeiten zurückschauen, die selbst in der Erfolgsgeschichte der Vereinigten Staaten von Amerika ganz außergewöhnlich herausragen.

Er hat für seine, für unsere Generation erneut den "amerikanischen Traum" mit Leben erfüllt. Das gilt für die konstruktive, globale Führungsrolle, die die Vereinigten Staaten bei der Überwindung und nach dem Ende des Ost-West-Gegensatzes spielen.

Das gilt auch und besonders für den Auf- und Ausbau einer modernen, innovativen amerikanischen Gesellschaft. Dass er dabei die sozialen Probleme seines Landes nie aus den Augen verliert, hat sicher auch mit seiner Herkunft zu tun, die er auch an der Spitze seines Landes nicht vergessen hat.

Lieber Bill,

morgen in Berlin, bei unserer Konferenz über das Moderne Regieren im 21. Jahrhundert, wollen wir mehr von Dir, Deinen Ideen, Deinen Reformen, Deinen Visionen erfahren.

Heute, meine Damen und Herren,

sind wir hier versammelt, um Präsident Clinton zu ehren.

Er wird mit dem internationalen Karlspreis ausgezeichnet, der - wie es in der Gründungsakte des Preises heißt - für "besondere Verdienste um die abendländische Einigung" verliehen wird.

Wer sich die großen Namen der bisherigen Preisträger - von denen einige zu unserer großen Freude hier anwesend sind - vor Augen führt, der weiß, dass es sich um eine außerordentlich bedeutende Auszeichnung für Verdienste um Europa handelt.

Die engen Beziehungen von Bill Clinton zu Europa reichen bis in seine Studienzeit in Oxford zurück. Er steht in der Tradition der amerikanischen Präsidenten, die sich mit ganzer Kraft für ein freies, ein demokratisches und ein ungeteiltes Europa als Partner der USA eingesetzt haben.

Sein ganz persönliches Verdienst ist, dass die Vereinigten Staaten nach dem Zerfall des Eisernen Vorhanges nicht das Interesse an Europa verloren haben, sondern dass die USA - in seinen eigenen Worten - "sich daran machten, jetzt für die östliche Hälfte Europas das zu tun, was sie nach dem zweiten Weltkrieg für seine westliche Hälfte zu tun geholfen hatten".

Die USA haben entscheidend zum Aufbau und zur Integration eines Europa beigetragen, das sich auf gemeinsame Werte und geteilte Verantwortlichkeiten gründet.

Dabei, das kann ich ruhig etwas selbstkritisch an die europäische Adresse anmerken:

Bill Clintons Vision von einem freien und geeinten Europa als globalem Partner der USA hat sich positiv von mancher Verzagtheit abgehoben, die wir in Europa selbst gelegentlich beobachten.

Bill Clintons politische Botschaft in der Außenpolitik ist daher für uns Europäer, dass die Vereinigten Staaten und Europa einander brauchen.

Dass sie als globale Partner zusammengehören. Dass sie willens und in der Lage sind, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und gemeinsam die Zukunft zu gestalten, weil die Grundüberzeugung von der unveräußerlichen Würde und Freiheit jedes Menschen sie eint.

Weil sie gemeinsam für das Recht der Menschen auf Selbstbestimmung und persönliche Entfaltung ihrer Fähigkeiten einstehen.

In der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung sind "life, liberty und the Pursuit of happiness" als unveräußerliche Rechte eines jeden Menschen festgeschrieben - unser deutsches Grundgesetz ist der unantastbaren Würde des Menschen verpflichtet. Das sind starke, gemeinsame Werte.

Lieber Bill,

wir sind gemeinsam an so unterschiedlichen Orten wie einem Aufnahmelager für Kosovo-Flüchtlinge oder dem Gipfeltreffen der OSZE gewesen.

Heute sind wir Gäste einer deutschen Stadt, die zugleich von Europa geprägt und Europa zugewandt ist.

Einer lebendigen und modernen Stadt, die sich aber auch mit Stolz ihrer Geschichte bewusst ist.

Hier, im Dreiländereck von Deutschland, Belgien und den Niederlanden, kann man täglich erleben, dass die nationalen Grenzen an Bedeutung verloren haben. Diese grenzüberschreitende Nachbarschaft hat eine lange Tradition.

In Aachen wurde schon europäische Politik gemacht, als von Berlin oder Washington noch nichts zu erahnen war.

Von hier aus hat Karl der Große, den Deutsche und Franzosen - aber auch viele andere Nationen - als "ihren" Kaiser betrachten, ein europäisches Reich geschaffen.

Er hat in einer kriegerischen Zeit gelebt, aber er hat dafür gesorgt, dass in seinem Reich Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft und kultureller Prägung friedlich zusammenleben konnten. Aus römischen, germanischen und christlichen Elementen hat sich so die Kultur entwickelt, die uns noch heute prägt.

Dabei ist es wichtig, hervorzuheben, dass Karl der Große sein Reich niemals nach außen abgeschottet hat.

Im Gegenteil, er hat sich stets um den Kontakt mit anderen Ländern und Kulturkreisen bemüht, weil er wusste, welch große Bedeutung und positive Folgen der Austausch mit den Gedanken und Erfahrungen der anderen hat.

In diesem Jahr ist es genau 1200 Jahre her, dass er in Rom zum Kaiser gekrönt wurde. Dieser Akt war gleichermaßen ein Rückgriff auf eine alte Tradition und ein einschneidender Neubeginn in der Geschichte Europas.

Meine Damen und Herren,

in den zwölf Jahrhunderten seit der Zeit Karls des Großen haben konkurrierende Großmächte Europa immer wieder in Kriege gestürzt. Zahlreiche Versuche, einen dauerhaften Frieden zu schaffen, sind gescheitert. Auch Aachen war der Ort zweier solcher Friedenskongresse.

Letztmals hat der Krieg in Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts grausame Höhepunkte erreicht. Auch die Stadt Aachen ist davon schwer betroffen worden.

Als die amerikanischen Soldaten am Ende des Zweiten Weltkrieges nach Aachen kamen, war diese Stadt - wie viele andere europäische Städte auch - zum großen Teil zerstört.

Zehntausende hatten in den Kämpfen um Aachen ihr Leben verloren. Und der nationalsozialistische Rassenwahn hatte die früher blühende jüdische Gemeinde von Aachen fast vollständig ausgelöscht.

In dieser Situation suchten engagierte Aachener Bürger nach dem geistigen Fundament für ein neues Europa - und sie fanden es in den Idealen Karls des Großen.

Mit seiner Person haben Menschen während vieler Jahrhunderte ihren kühnsten politischen Traum verbunden: den Traum von Frieden, von Einheit, von Toleranz - den europäischen Traum.

Diese Vision hat die Geschichte Europas bestimmt. Sie stand den Nachfolgern Karls des Großen vor Augen, die hier in Aachen gekrönt wurden. Den Künstlern, die im Mittelalter den Chor des Domes mit deutschen Adlern und französischen Lilien ausmalten. Diese Vision bewegt uns noch heute.

Der Thron Karls des Großen im Dom zu Aachen ist - ebenso vielleicht wie das Brandenburger Tor in Berlin - ein Symbol Deutschlands und seiner europäischen Berufung.

Ein prominenter Gast hat uns dies vor zwei Jahren ins Gedächtnis gerufen. Er sagte damals: "Seit mehr als 1000 Jahren - von der Zeit Karls des Großen bis zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - hat ein geeintes Europa die Phantasie dieses Kontinents beflügelt. Jetzt liegt dieser Traum zum ersten Mal in unserer Reichweite - nicht durch Eroberung, sondern durch die Entscheidung freier Menschen."

Dieser Gast war Präsident Clinton und er sprach in Berlin anlässlich seines Deutschland-Besuches im Mai 1998.

Meine Damen und Herren,

wir Europäer können, so denke ich, stolz auf das sein, was wir in den letzten 50 Jahren erreicht haben:

Nach zwei Weltkriegen mit Millionen von Toten, nach der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten haben die Staaten Europas den Weg der Aussöhnung beschritten.

Ein vereintes Europa ist die Antwort der Völker auf den Krieg. Sie haben gemeinsam die Europäische Gemeinschaft gegründet und sie zu einer Politischen Union mit einer gemeinsamen Währung weiterentwickelt.

Von der engen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich gingen dabei entscheidende Impulse aus.

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs vor einem Jahrzehnt haben die Menschen in der damaligen DDR und in den mittel- und osteuropäischen Staaten die kommunistischen
Diktaturen überwunden und damit die Voraussetzungen für ein ungeteiltes Europa geschaffen.

Schließlich haben die Staaten der Europäischen Union ein konstruktives und freundschaftliches Verhältnis zu Russland aufgebaut, eine Partnerschaft, die auf gemeinsamer Verantwortung für die Sicherheit und Stabilität ganz Europas beruht.

Alle diese Entwicklungen wären ohne die klare und tatkräftige Unterstützung unserer amerikanischen Freunde nicht möglich gewesen.

Die Vereinigten Staaten haben als starker und zuverlässiger Partner von Anfang an am Projekt des vereinten Europa mitgewirkt.

Für uns Deutsche im Westen hat die amerikanische Unterstützung beim Aufbau eines demokratischen Rechtsstaates und einer erfolgreichen Wirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg die Voraussetzungen für unsere aktive Mitwirkung am europäischen Einigungsprozess geschaffen.

Wir werden auch nicht vergessen, dass es vor allem die USA waren, die uns Deutsche rückhaltlos unterstützt haben, als sich die Chance der Wiedervereinigung ergab.

Die in Jahrzehnten gewachsene deutsch-amerikanische Freundschaft wird auch in Zukunft Motor der transatlantischen Zusammenarbeit bleiben.

Meine Damen und Herren,

um den Einsatz von Präsident Clinton für Europa angemessen zu würdigen, dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass es in den USA traditionell viele Menschen gibt, die einem aktiven Engagement außerhalb der eigenen Grenzen eher zurückhaltend gegenüberstehen.

Präsident Clinton hat im vergangenen Jahr in seiner Ansprache im Weißen Haus beim NATO-Gipfeltreffen von Washington darauf hingewiesen, dass die amerikanische Politik seit der Zeit von George Washington die Warnung verinnerlicht hatte, sich nicht auf das einzulassen, was man damals "auswärtige Verstrickungen" nannte.

Im 20. Jahrhundert mussten sich die Vereinigten Staaten mehrmals mit der Frage auseinandersetzen, ob sie solche "Verstrickungen" riskieren wollten:

Nach dem Ersten Weltkrieg haben sich die USA nicht nur aus Europa zurückgezogen, sondern auch aus dem Völkerbund, den doch Präsident Wilson selbst konzipiert hatte.

Die Folge des wirtschaftlichen und politischen Isolationismus der USA war eine Zerrüttung des internationalen Systems, die Hitler, Mussolini und Stalin in die Hände spielte.

Als die USA nach dem Zweiten Weltkrieg erneut vor dieser Frage standen, haben sie dagegen unter der Führung von Präsident Truman die Entscheidung getroffen, eine dauerhafte Partnerschaft mit Europa einzugehen. Diese weitblickende Entscheidung war ein Wendepunkt in der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Ohne sie wäre es nicht möglich gewesen, dass aus Kriegsgegnern in so kurzer Zeit Partner, Verbündete und Freunde wurden.

Mit dem Marshallplan und der Gründung der NATO haben die Vereinigten Staaten ihre Partnerschaft mit Westeuropa auf eine dauerhafte Grundlage gestellt. Die NATO stand und steht auch heute für unsere gemeinsamen Werte, für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte.

Die USA haben aber auch den Aufbau einer dauerhaften Partnerschaft der Europäer untereinander ganz maßgeblich erleichtert.

Sie haben damit Themen definiert, die noch heute unverändert auf der Tagesordnung stehen: Solidarität zur Verteidigung des Friedens, Sicherung der Demokratie durch wirtschaftlichen Aufbau, Wohlstand durch Zusammenarbeit.

Für seinen herausragenden persönlichen Beitrag zum Wiederaufbau Europas ist George Marshall 1959 als erster Amerikaner mit dem Karlspreis ausgezeichnet worden.

Meine Damen und Herren,

als Präsident Clinton im Januar 1993 sein Amt antrat, stellte sich die Frage nach dem Engagement der USA in Europa erneut.

Mit dem Ende des kalten Krieges und der kommunistischen Bedrohung Westeuropas waren wesentliche Gründe für die Präsenz der USA in Europa entfallen.

In dieser Situation haben die Europäer in Bill Clinton einen Partner gefunden, der sich nicht von Europa abwandte, sondern der davon überzeugt ist, dass die transatlantische Partnerschaft erst heute, in einer Welt, die nicht mehr durch die Konfrontation von Großmächten gekennzeichnet ist, ihre eigentlichen Wirkungsmöglichkeiten findet.

Europa und die USA können die vor uns liegenden Herausforderungen nur gemeinsam erfolgreich bewältigen:

Wir wollen unsere Welt, in der heute schon sechs Milliarden Menschen leben, auf Dauer lebenswert erhalten.
Wir wollen aus der globalen Vernetzung der Weltwirtschaft den größten Nutzen für alle ziehen.
Wir wollen die weitere Verbreitung von Massenvernichtungswaffen verhindern.
Wir wollen Sicherheit vor Terrorismus und organisiertem Verbrechen.
Wir wollen eine Welt, in der Demokratie und Menschenrechte uneingeschränkt Geltung finden.
Präsident Clinton hat die Bewältigung dieser Herausforderungen ins Zentrum der amerikanischen Außenpolitik gestellt.

Dort, wo europäische Krisen von ihm schwerwiegende Entscheidungen verlangt haben, hat er sich, auch gegen innenpolitische Widerstände, stets für die transatlantische Verantwortung entschieden und damit für den gemeinsamen Weg mit Europa.

In den Jahren der Präsidentschaft von Bill Clinton haben wir - Europäer und Amerikaner - gemeinsam viel erreicht. Deutschland, Frankreich und die übrigen europäischen Partner haben ihren Teil dazu beigetragen:

Viele Völker in Mittel- und Osteuropa können heute stolz sein auf ihre funktionierenden Demokratien. Die Menschen in den Staaten, die entschlossen Reformen eingeleitet haben, genießen erste Früchte eines wirtschaftlichen Aufschwungs. Die Märkte in Europa haben sich geöffnet, die wirtschaftliche Verflechtung zwischen Ost und West nimmt zu.

Heute bereiten wir uns darauf vor, die Europäische Union durch die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten zu erweitern. Die Beitrittsverhandlungen zwischen der Europäischen Union und zwölf Beitrittskandidaten haben begonnen, die Regierungskonferenz arbeitet daran, die Institutionen der Union im Vorfeld der Beitritte zu reformieren.

Wir sind auch auf gutem Wege, eine gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik zu verwirklichen.

Sie wird die Voraussetzungen schaffen für rasches und effizientes Handeln der Europäischen Union in Krisensituationen und so einen wichtigen Beitrag zur transatlantischen Lastenteilung leisten. Ich bin davon überzeugt: Eine erweiterte und durch die ESVP gestärkte Europäische Union wird für die USA ein noch attraktiverer Partner sein.

Meine Damen und Herren,

wir haben auch die Atlantische Allianz für mittel- und osteuropäische Partner geöffnet. Auf dem NATO-Gipfel von Washington vor einem Jahr konnten wir drei neue Verbündete begrüßen: Polen, die Tschechische Republik und Ungarn.

Dies war ein historischer Schritt für die Atlantische Allianz und für die Stärkung der europäischen Sicherheitsstruktur - und, das möchte ich ergänzen, es war ein bewegender Augenblick für mich persönlich, der ich wie meine Altersgenossen fast 50 Jahre Konfrontation und Kalten Krieg erlebt habe.

Bill Clinton hat ganz entscheidend zu diesem historischen Moment der NATO-Erweiterung beigetragen.

Wir sind uns mit ihm darin einig, dass das Postulat der Unteilbarkeit der Sicherheit gebietet, die Allianz auch in Zukunft für die Aufnahme weiterer Kandidaten zu öffnen.

Im Bündnis werden gegenwärtig amerikanische Überlegungen intensiv diskutiert, ein System zur nationalen Raketenabwehr aufzubauen, falls dies technisch machbar ist.

Wir haben hierüber gestern abend gesprochen. Selbstverständlich ist es das souveräne Recht unserer amerikanischen Verbündeten, die Entscheidungen zu treffen, die sie für die Gewährleistung ihrer äußeren Sicherheit für geeignet erachten.

Da diese Frage aber Auswirkungen haben könnte, die weit über die USA hinausgehen, ist es im Sinne des Bündnisses, dass sie in partnerschaftlichem Geist behandelt wird.

Du, Bill, hast Dich immer für Fortschritte in der Abrüstung eingesetzt. Auch für uns Europäer haben die Erhaltung des abrüstungspolitischen Acquis und weitere Abrüstungsschritte ganz entscheidende Bedeutung.

Deshalb ist es gut, dass Du Dich dafür ausgesprochen hast, eine Entscheidung zu gegebener Zeit unter Abwägung insbesondere auch der relevanten sicherheits- und abrüstungspolitischen Gesichtspunkte zu treffen.

Dazu gehören die Auswirkungen auf andere wichtige Staaten ebenso wie mögliche Folgen für die Kohäsion des Atlantischen Bündnisses.

Unser vorrangiges Ziel muss es bleiben, die gemeinsame Sicherheit dauerhaft zu gewährleisten und dazu jeweils die am besten geeigneten Mittel sorgfältig auszuwählen.

Meine Damen und Herren,

für die Bundesregierung bleibt die transatlantische Zusammenarbeit auch bei der Verhütung und Eindämmung regionaler Krisen und Konflikte in Europa von zentraler Bedeutung. Präsident Clinton hat sich in dieser Aufgabe stets besonders engagiert.

Im gemeinsamen Zusammenwirken europäischer Staaten mit den USA und Kanada konnten wir die blutigen Auseinandersetzungen und Kämpfe in Bosnien und im Kosovo beenden.

In Bosnien gewährleistet heute die NATO zusammen mit anderen Partnern die Umsetzung des Abkommens von Dayton. Das Zustandekommen dieses grundlegenden Friedensvertrages wird in der Geschichte immer mit dem Namen von Präsident Clinton verbunden bleiben.

Im Kosovo-Konflikt war die NATO im vergangenen Jahr gezwungen, zum ersten Mal in ihrer Geschichte militärische Gewalt anzuwenden.

Für alle, die dabei Verantwortung trugen - auch für mich persönlich - war dies eine unvergleichlich schwere Entscheidung. Wir hatten aber am Ende keine andere Wahl, wenn wir den Werten gerecht werden wollten, auf denen die Allianz basiert.

Freiheit, Demokratie und Menschenrechte dürfen keinem Volk gewaltsam verweigert werden.

Die NATO hat gezeigt, dass sie im äußersten Fall bereit ist, auf der Grundlage des Völkerrechts ihre Macht zum Schutz von Menschen einzusetzen, die von einem unmenschlichen Regime unterdrückt und vertrieben werden.

Für die enge und vertrauensvolle persönliche Zusammenarbeit in jenen schwierigen Monaten bin ich Bill Clinton besonders dankbar.

Ein unverzichtbarer Baustein für die Sicherung der wirtschaftlichen Zukunft der Region bleibt der Stabilitätspakt für Südosteuropa. Er orientiert sich in vielem an der Entwicklung, die Westeuropa in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg erlebt hat. Diesmal übernimmt Europa die tragende Rolle, die damals die USA gespielt haben.

Lieber Bill,

Du hast Dich für den Stabilitätspakt von Anfang an eingesetzt.

Wir haben diesen Pakt im vergangenen Sommer in Sarajewo gemeinsam mit 30 Staats- und Regierungschefs ins Leben gerufen. Ich glaube, unsere Demonstration der Solidarität mit den Völkern Südosteuropas wurde dort sehr gut verstanden: Sarajewo gehört zu Europa.

In Bosnien und im Kosovo hast Du, ebenso wie in Nordirland oder im Nahen Osten, Deine Autorität in die Waagschale geworfen - auch dadurch, dass Du selbst zu den Brennpunkten des Geschehens gereist bist und den unmittelbaren Kontakt mit den Menschen gesucht hast.

Meine Damen und Herren,

Präsident Clinton hat sich für die Themen, die ihm am Herzen liegen, immer ganz besonders eingesetzt. Auch und gerade für Europa.

Für ihn ist Politik mehr als eine Frage des Kalküls von Interessen und Vorteilen, mehr auch als eine Umsetzung von Grundsätzen und Doktrinen.

Sie ist für ihn ein Mittel, mehr mit Menschen zusammenzukommen, ihre Hoffnungen zu teilen, ihnen Ängste zu nehmen und ihnen gemeinsame Wege aufzuzeigen.

Lieber Bill,

wie die vielen prominenten Träger des Karlspreises im vergangenen halben Jahrhundert hast auch Du Dich von dem europäischen Traum zu großen politischen Leistungen inspirieren lassen. Die Bürger von Aachen - und wir alle - wollen Dir mit der heutigen Preisverleihung dafür danken:

Du hast die Partnerschaft der USA mit Europa erhalten, gestärkt und ausgebaut. Du setzt dich für das Zusammenleben von Völkern und Religionen in Europa genauso ein wie für die vielfältige und kreative Gemeinschaft der Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika. Dem amerikanischen Traum bist Du verpflichtet und Du ermutigst die Europäer, den ihren zu verwirklichen.

Einer Deiner großen Vorgänger, Präsident Kennedy, hat einmal mit einem unvergesslichen Satz die Herzen aller Deutschen gewonnen, als er sich dazu bekannte, ein Berliner zu sein.

Bill,

mit Deinem Engagement bist Du zu einem Europäer geworden.