Rede von Joseph Luns

Rede von Joseph Luns

Herr Oberbürgermeister,
Herr Präsident, Herr Minister, Exzellenz,
Meine sehr verehrten Damen und Herren,

In der Geschichte gibt es Zeiten, die sichtlich glücklicher sind als andere. Damit meine ich nicht den materiellen Wohlstand, die allgemeine Zufriedenheit und Sicherheit, oder das Ausbleiben von Katastrophen, durch die sich bestimmte Zeitabschnitte von anderen unterscheiden, in denen Entbehrung, Unbehagen und Drangsal herrschen. Ich glaube, daß manche Generationen glücklicher sind, weil es ihnen vergönnt ist Neues zu schaffen, Dauerhaftes zustande zu bringen und einen eigenen Beitrag zur Entwicklung der menschlichen Gesellschaft zu leisten. Nicht allen Generationen wird diese Möglichkeit geboten. Manche müssen ihre Energien für die Verteidigung des Bestehenden gegen Bedrohungen aufbieten. Sie verzehren ihre Kräfte um standhaft zu bleiben in einem Sturm von Widerwärtigkeiten. Andere fallen Wirren und Zwietracht zum Opfer, so daß für die Schaffung neuer Werte und Gemeinschaftsformen keine Kraft bleibt. In wieder anderen Zeiten fehlt es an Vitalität und Weitblick, um der Geschichte den eigenen Stempel aufzudrücken.

Aber die heutige Generation – und darunter verstehe ich alle Menschen in Europa, die nach dem zweiten Weltkrieg ihre besten Kräfte entfalten durften – lebt unter einem glücklichen Stern. Sie ist glücklich, weil sich ihr die Chance bietet aus dem Chaos des vergangen Krieges etwas Neues und Gutes zu schaffen. Mehr als anderen Generationen bot sich ihr die Möglichkeit, neue internationale Strukturen zu schaffen, lebenskräftige Formen der Zusammenarbeit zu entwickeln und fruchtbare Denkschemen zu entwerfen, die die kommenden Jahrzehnte entscheidend beeinflussen können. Die Nachwelt wird uns um dieses Vorrecht beneiden und sie würde uns bittere Vorwürfe machen, wenn wir es nicht bis zur Neige auskosteten.

Nach dem Krieg haben wir mit dem Wiederaufbau begonnen, der nicht zuletzt durch die große Unterstützung der Vereinigten Staaten von Amerika recht erfolgreich war. Aber unsere Aufgabe, unsere Chance, reicht über das Materielle weit hinaus. Unsere Chance ist, daß wir für die gegenseitige Abhängigkeit aller Länder untereinander – eine Abhängigkeit, die sich in harten Tatsachen widerspiegelt – die politischen Formen finden, die der Wirklichkeit von heute entsprechen. Tatsächlich ist die gegenseitige Abhängigkeit heute bereits so groß, daß man sagen kann, die ganze Welt ist bereits auf dem Wege zur Einheit, ohne daß wir dies erkannt und die politischen Strukturen dieser Entwicklung angepaßt haben. In diesem Bereich haben wir unsere wichtigste Aufgabe zu erfüllen.

Im Bereich der weltpolitischen Beziehungen haben die Vereinten Nationen schon einen Anfang gesetzt. Aber wir müssen unbedingt das System vertiefen und weiter entwickeln, dieses System, das im Dienst des Friedens und der Hilfeleistung für die Entwicklungsländer steht, und das die Voraussetzungen für die Entwicklung einer gesunden internationalen Gesellschaft schaffen soll. Auch auf der atlantischen Ebene wurde bereits ein wirkungsvoller Anfang gemacht. Wir haben die NATO und die OECD. Aber auch hier ist eine Weiterentwicklung unumgänglich, die Weiterentwicklung eines Systems zur Förderung der internationalen Stabilität, der Sicherheit und des Wohlstandes. Auch müssen wir und bemühen, die Bande mit den anderen freien Nationen, mit denen wir uns geistig und materiell verbunden wissen und ohne deren Hilfe wir unsere jetzige Freiheit nicht genießen würden, zu verstärken und neue zeitgemäße Formen zu geben. Dies gilt zunächst für Europa.

Denn was unseren Kontinent betrifft, haben gerade wir Europäer den besonderen Auftrag diesen Kontinent zu einigen und überlebte Gegensätze zu überwinden. Unter diesen Gegensätzen und Streitigkeiten haben unsere Völker unsagbar gelitten. Sie stammten aus einer Zeit, in der die nationalen Kräfte in enge, allzu enge Kanäle gepreßt wurden, obwohl der Nationalismus sich in Wirklichkeit bereits als eine völlig unbrauchbare, ja schädliche Denkweise erwiesen hatte. Vaterlandsliebe, Patriotismus werden auch in einem Vereinten Europa nicht vergehen und sie werden auch dort weiterblühen. Aber der Nationalismus, der aggressive, selbstsüchtige Nationalismus, gehört auf den Trümmerhaufen der Geschichte, er gehört zu jenen Trümmern, die wir zusammen aus den Ruinen unserer Städte geräumt haben. Darüber erhebt sich das Bild, die Vision eines Vereinigten Europas, einer Einheit in der Vielfalt, ein Bund von Völkern, der durch die Bündelung seiner Kräfte eine wahrhaft konstruktive Rolle in der Völkergemeinschaft spielen kann. Erfüllt von dieser Vision haben die Begründer der europäischen Einheit – Churchill, Monnet, Schuman, Adenauer, De Gasperi, Spaak, Bech und viele andere mehr – das große Werk in Angriff genommen. Heute, zwanzig Jahre nach dem Marshall-Plan, fünfzehn Jahre nach der Gründung der EWG und der Euratom-Gemeinschaft können wir mit Befriedigung, ja sogar Stolz, auf das Erreichte zurückblicken. Der Gedanke der Integration der Europäischen Staaten hat tiefe Wurzeln geschlagen, so tief, daß er sich tatsächlich aus unserem Leben nicht mehr wegdenken läßt. Die großen und kleinen Alltagskonflikte, die Schwierigkeiten und die komplizierten technischen Probleme verstellen uns zwar manchmal den Blick für die großen Zusammenhänge aber aus einigem Abstand gesehen werden sie wieder deutlich. Die wirtschaftliche Integration und die Integration auf einem, sich ständig erweiterndem Feld der nationalen Interessen und schließlich das Streben nach der politischen Einheit sind ein unaufhaltsamer Prozeß, den wir nach Kräften beschleunigen sollten.

In den europäischen Gemeinschaften wird heute mit großer Selbstverständlichkeit vieles getan, was vor zehn, selbst noch vor fünf Jahren kaum denkbar erschien. So gibt es eine gemeinsame Landwirtschaftspolitik, die tief in die nationalen Wirtschaften eingreift und die durch das Prinzip der gemeinsamen Preise auch so wesentliche, nationale Verantwortlichkeiten, wie etwa die Änderung der Wechselkurse, bis zu einem gewissen Grade einschränken. Die Verwirklichung des freien Warenverkehrs wird zu einer Harmonisierung der Steuern führen, und damit ein Gebiet erfassen, das bis vor kurzem noch als nationales Privileg und als völlig unantastbar galt. Zentralbanken und Währungsbehörden arbeiten zusammen. Auch im handelspolitischen Bereich besteht eine Zusammenarbeit, die zu einer gemeinsamen Politik der Sechs geführt und jetzt sogar auch das Gebiet der Entwicklungshilfe erfaßt hat. Und so könnte ich fortfahren.

Ich habe nur einige markante Beispiele genannt, markant deshalb, weil aus ihnen deutlich hervorgeht, daß Gebiete, die noch vor zehn Jahren kaum zu Zuständigkeitsbereich der Gemeinschaften gerechnet wurden, bereits jetzt in den Integrationsprozeß einbezogen worden sind. Aber noch wichtiger ist nach meiner Meinung, daß immer breitere Bevölkerungsschichten sich an den Gedanken gewöhnt haben, daß es sich bei der Integration um nichts anderes als einen natürlichen und im Grunde selbstverständlichen Vorgang handelt. Einer der bemerkenswertesten Entwicklungen im Europa der Nachkriegszeit ist zweifellos die Art, in der sich Wirtschaft, öffentliche Meinung und vor allem auch die Jugend auf das Zusammengehen der europäischen Staaten innerlich und äußerlich eingestellt haben. Dieser Prozeß macht so schnelle Fortschritte, daß die öffentliche Meinung nicht selten den Aktionen der Regierungen vorauseilt. Mehr als alles andere beweist uns diese Entwicklung, daß die Schöpfer der europäischen Einigung einen Quell ursprünglicher Dynamik angeschlagen und damit einen Prozeß in Gang gesetzt haben, der im wahrsten Sinn des Wortes und meiner festen Überzeugung nach nicht mehr aufzuhalten und nicht mehr zurückzudrehen ist. Deshalb besteht für mich auch kein Zweifel, daß wir uns mit der Integration, so wie sie jetzt in den europäischen Gemeinschaften gehandhabt wird, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch auf dem richtigen Weg befinden. In diesem Zusammenhang möchte ich voller Respekt auch auf den wertvollen Beitrag hinweisen, den die Bundesrepublik Deutschland zu dieser Entwicklung geleistet hat. Die Bundesrepublik hat bei dem Aufbau der Gemeinschaften eine überaus wichtige, überaus konstruktive Rolle gespielt. Sie hatte sowohl stimulierende als auch stabilisierende Einflüsse und beides zugleich in der richtigen Ausgewogenheit. Es ist mir eine besondere Freude, diese Würdigung gerade hier in Aachen, noch einmal mit aller Deutlichkeit aussprechen zu dürfen.

"So weit, so gut", kann man im Rückblick auf das vergangene Jahrzehnt feststellen. Aber das sollte uns doch nicht gegenüber all den Unzulänglichkeiten blind machen, die der heutigen Konzeption noch anhaften, und es sollte uns nicht die Augen verschließen vor den Gefahren, die ihr drohen. Die Unzulänglichkeiten sind deutlich zu sehen. Die Gemeinschaften in ihrer heutigen Form entsprechen nicht mehr ganz den Anforderungen, die die moderne Entwicklung an sie stellt. Solche Mängel sind einerseits auf die natürliche Ursache zurückzuführen, daß eine bereits zehn oder fünfzehn Jahre alte politische Konstruktion in unserer schnellebigen Zeit in vieler Hinsicht zu veralten droht, wenn sie mit der Entwicklung nicht Schritt halten kann. Andererseits hat man auch manche politischen Möglichkeiten ungenützt verstreichen lassen.

Die größte Unzulänglichkeit der Gemeinschaften liegt in ihrer begrenzten Mitgliederzahl, also in der Tatsache, daß sie nur das halbe Westeuropa umfaßt. Die europäischen Gemeinschaften müssen aber ihrem Wesen nach ein Mittel zur Einigung und nicht Ursache eines neuen Zwiespalts sein. Der Beitritt Großbritanniens und der Beitritt anderer Staaten wie Dänemark und Norwegen, würde in hohem Maß dazu beitragen diesen Mangel zu beheben. Im Blick auf die endgültige europäische Einigung ist der Anschluß dieser Länder so selbstverständlich, daß er keinen weiteren Aufschub duldet.

Die Unvollkommenheit der Gemeinschaften läßt sich aber auch auf institutionellem Gebiet feststellen. Das parlamentarische Mitbestimmungsrecht ist deutlich hinter der Entwicklung zurückgeblieben, ein Mangel, der bei fortschreitender Integration immer spürbarer wird. Schritte im Hinblick auf direkte Wahlen zum europäischen Parlament hätten bereits unternommen werden müssen, und wir hätten uns schon lange über eine Erweiterung des parlamentarischen Mitspracherechtes einigen sollen. Das sind Versäumnisse, die wir uns einfach nicht erlauben können. Es sind Versäumnisse, die auch die öffentliche Meinung auf die Dauer nicht billigt. Außerdem lassen sich Unzulänglichkeiten in Bezug auf die Vertragsregeln und den Arbeitsbereich der Gemeinschaften feststellen, die der seit 1958 vollzogenen Entwicklung nur ungenügend angepaßt wurden. Die Unzulänglichkeiten des Vertrages der Montan-Union und die unzureichenden Maßnahmen für eine gemeinsame Energiepolitik, sind deutliche Beispiele hierfür.

Solche Rückständigkeiten, vor allen Dingen in institutioneller Hinsicht, weisen auf die Gefahr einer Stagnation. Die Möglichkeit ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Entwicklung zur Einheit, so befriedigend sie auch bisher verlaufen ist, eine unüberschreitbare Grenze erreicht. Als Vertreter eines Landes, das lange Zeit, und dabei denke ich im besonderen an seine große Blütezeit im 17. Jahrhundert, einen konföderativen Staatsaufbau gekannt hat, der einige bemerkenswerte Parallelen mit der heutigen Struktur der Gemeinschaft aufweist, als Vertreter dieses Landes also, glaube ich mit einer gewissen historischen Berechtigung meiner großen Sorge über eine solche drohende Stagnation Ausdruck geben zu müssen. Schließlich war die institutionelle Schwäche der Republik der Vereinigten Niederlande eine der Ursachen, die unserem Goldenen Jahrhundert ein Ende bereiteten. Ich glaube, dies Beispiel aus der Geschichte enthält für uns alle eine Warnung.

Aber auch eine weitere Gefahr ist nicht zu leugnen, die Gefahr eines Europas, das so tief in seine eigenen Problematik verstrickt ist, das sich so mit sich selbst beschäftigt, daß es darüber die lebensnotwendigen Verbindungen mit der übrigen Welt vernachlässigt. Eine derartige Entwicklung würde nicht nur unsere eigene Sicherheit im Rahmen des atlantischen Bündnisses beeinträchtigen, sondern auch die westlichen Zielsetzungen der europäischen Einigungsbestrebungen verkennen. Wenn ein geeintes Europa in Fragen von weltweiter Bedeutung seiner Stimme Geltung verschaffen will, so nur, wenn es gleichzeitig auch das weltpolitische Engagement vorbehaltlos bejaht. Unsere ganzen Bemühungen würden sinnlos werden, wenn Europa in Selbstgenügsamkeit und in einen Isolationismus verfiele, der weder unserer Tradition entspräche, noch unserer Sicherheit und Verantwortung gerecht würde. In der Welt von heute würde dieser Isolationismus im übrigen ein Trugbild sein, wie es auch ein Trugbild ist zu glauben, daß die großen europäischen Fragen, von Europa allein und aus einer isolierten Position heraus, also namentlich ohne Mitwirkung der Vereinigten Staaten, gelöst werden könnten. Wir wollen nicht nur europäische Europäer, nicht nur atlantische Europäer, sondern Welteuropäer sein.

In einer weiteren Zukunft schließlich sehe ich die politische Einheit Europas. Den Staatsmännern, die die Verträge von Rom und Paris entwarfen, schwebte gleichzeitig auch der politische Einheitsgedanke vor Augen, und sie waren davon überzeugt, daß der Aufbau der Gemeinschaften einen wichtigen, einen notwendigen Schritt auf dem Weg zum gesetzten Ziel darstellte. Dies kommt auch in den Vertragstexten deutlich zum Ausdruck. Ich bin noch immer dieser Überzeugung, wenn auch der zurückzulegende Weg länger zu sein scheint, als wir anfangs vermuteten und hofften. Endziel ist die politische Einheit, die schließlich zu den Vereinigten Staaten von Europa führen wird. Die in den vergangenen zehn Jahren gesehen werden. Bei seiner Verwirklichung dürfen wir jedoch nicht der Gefahr erliegen, uns in Sackgassen zu verrennen, sondern müssen auf dem klar gezeichneten Weg der Integration bleiben, an den wir uns bisher gehalten haben. Verharren und Zuadern sind auch hier eine große Gefahr. Was mein eigenes Land betrifft, so möchte ich Ihnen versichern, daß es bereit ist, nicht erst übermorgen, sondern bereits morgen, und wenn es möglich wäre, schon heute Mitglied einer europäische Föderation zu werden. Das ist unser Ziel.

Erlauben Sie mir jetzt, Ihnen, lieber Freund und Kollege Schröder, zuerst meinen tief empfundenen Dank auszusprechen für die Worte, die die Bundesregierung durch Sie an mich gerichtet hat. Ihre Anerkennung für die gemeinsame Arbeit an dem, wie Sie es nannten, neuen Gebäude Europas, schätze ich ganz besonders. Es rührte mich tief diese Worte aus dem Munde eines Freundes zu hören, der selber so viel für Europa geleistet hat und der mit mir lange Jahre hindurch Sorgen geteilt und Erfolge der europäischen Idee miterlebt hat. Ich möchte an dieser Stelle die – von Peter Kirk ausgesprochene – Rede von Edward Heath besonders hervorheben. Ihr Eindruck war gerade deshalb so nachhaltig, weil sie von einem Manne kommt, der mit den europäischen Entwicklungen innig vertraut ist, einem Manne, der bewiesen hat, daß er die Anforderungen, die diese Zeit an uns stellt, erfaßt hat, einem Manne, der ständig und mit Überzeugung den europäischen Einheitsgedanken verfochten hat und hierfür mit seiner Person und seinen großen Fähigkeiten immer noch einsteht.

Ich möchte nicht schließen, ohne meine Hochachtung auch jenen bezeugt zu haben, die vor mir diese hohe europäische Auszeichnung empfangen haben. Ich gedenke dabei zuerst des verstorbenen Dr. Konrad Adenauer. Der Tod hat uns mit ihm einen der größten Vorkämpfer für den Gedanken eines Vereinigten Europas entrissen. Dr. Adenauer war ein Europäer der ersten Stunde. Sein unerschütterlicher Glaube an ein in Freiheit geeintes Europa und seine entschlossene Haltung mit der er allen gegen diese Konzept gerichteten Kräften entgegentrat, werden für uns eine ständige Quelle der Ermutigung sein. Ganz bewußt und mit jeder Faser seines Wesens und mit seinem eindrucksvollen politischen Talent hat er sich für die Verwirklichung der europäischen Einheit eingesetzt. Die freie Welt schuldet diesem großen deutschen Staatsmann dafür nachhaltigen Dank. Dem Weitblick, der Überzeugung und der durch nichts zu erschütternden Beharrlichkeit von Männern wie Konrad Adenauer ist es zu danken, daß Europa zu dem werden konnte, was es heute ist. Sie schufen die Grundlagen, sie waren sich der Gefahren eines engstirnigen Nationalismus bewußt. Sie wiesen den Weg für eine bessere Zukunft unseres Kontinents und damit gleichzeitig für die ganze Welt. Es bewegt mich zutiefst, daß ich nunmehr selbst ein Träger des Karlspreises, in ihre Reihen aufgenommen worden bin. Es bewegt mich um so mehr, daß ich diese hohe Auszeichnung gerade hier in einer so traditionsreichen und vom europäischen Geist begnadeten Stadt wie Aachen entgegennehmen darf. Diese Stadt war einst der Mittelpunkt der karolingischen Renaissance, die von dem Gedanken der europäischen Universalität beflügelt war. Es war der gleiche Gedanke, der bereits den großen Kaiser der Franken erfüllte, der damals als erster versuchte, das christliche Europa zu einigen.

Dieser wahrhaft europäische Kaiser, erfüllt von seiner Vision, steckte die Grenzen des Möglichen vielleicht zu weit. Aber das von ihm Geschaffene auf politischem, rechtlichem und kulturellem Gebiet, hat über die Jahrhunderte nicht von seinem Glanz eingebüßt. So spannt sich der Gedanke der europäischen Einigung als Auftrag und Verpflichtung von ihm bis in unsere Zeit.