Begründung des Direktoriums

Begründung des Direktoriums der Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen an den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, William Jefferson (Bill) Clinton

I. Die Vollendung und Konsolidierung der erweiterten Europäischen Union, die Bewahrung des Friedens und der Sicherheit, sowie eine friedvolle und konstruktive Teilhabe an der Weltpolitik basieren auf der Gemeinschaft von Europa und den Vereinigten Staaten von
Amerika.

II. Nachdem die Vereinigten Staaten von Amerika in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zweimal kriegsentscheidend in die beiden großen Weltkonflikte eingegriffen hatten, bildeten sie ein Fundament für den Wiederaufbau und die Vertiefung der Demokratie in Europa. Nachdem der Ost-West-Konflikt auftrat, wandelten sich die Länder Westeuropas, die Opfer nationalsozialistischer Aggression waren, und das kriegszerstörte Deutschland von bedürftigen Hilfeempfängern zu kooperationsfähigen Partnern in der Sicherheitspolitik. Der NATO-Vertrag von 1949 formalisierte diese Erwartung und honorierte sie gleichzeitig mit einem Beistandsversprechen der USA.Ziel der Vereinigten Staaten von Amerika war es, das Selbstvertrauen der Europäer in die eigene Kraft, in die eigene politische Zukunft neu zu begründen. George Marshall (Karlspreisträger 1959) ist im vorigen Jahrhundert zur Symbolfigur für die Werte geworden, um die sich die Vereinigten Staaten in Europa verdient gemacht haben. Die USA unterstützten West-Europa in den Prozessen der politischen, militärischen und wirtschaftlichen Einigung, insbesondere bei der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. West-Europa wurde ökonomisch bedeutend und weltpolitisch mitentscheidend.

Amerika hat Deutschland bei der Wiedervereinigung nachhaltig unterstützt, vor allem durch politische Überzeugungsarbeit gegenüber der Sowjetunion und den übrigen Weltmächten sowie durch die Garantie, daß Deutschland die Grenzen in Europa respektieren und die Sicherheitsverträge interaktiv fördern würde. Amerika trug entscheidend dazu bei, daß die sogenannten "Zwei -Plus-Vier" -Verhandlungen zwischen den beiden damaligen deutschen Staaten und den vier ehemaligen Sieger- und Besatzungsmächten des Zweiten Weltkrieges zügig abgewickelt werden konnten.

In der Übereinstimmung der Überzeugungen von Menschenwürde, Freiheit, Gerechtigkeit und offener demokratischer Gesellschaft liegen die Wurzeln und die Kraft der engen Verbundenheit zwischen Europa und den USA. In vielen Teilen der Erde spornt das von Amerika und Europa gegebene Beispiel die Menschen an, ihre eigene Kultur und Lebensform in einem Gemeinwesen von Demokratie und Freiheit zu verwirklichen.

III. Der Internationale Karlspreis zu Aachen wird im Jahr 2000 dem amerikanischen Präsidenten Bill Clinton verliehen wegen seiner besonderen persönlichen Verdienste in der Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten, für die Bewahrung des Friedens, der Freiheit, der Demokratie und der Menschenrechte in Europa sowie für seine Unterstützung bei der Erweiterung der Europäischen Union.

Zudem wird Präsident Bill Clinton ausgezeichnet für sein mutiges Einschreiten - auch unter Einsatz militärischer Mittel - zur Erhaltung von Regeln und ethischen Normen sowie der Herrschaft des Rechts. Bosnien-Herzegowina und das Kosovo demonstrieren anschaulich, daß die Europäische Union auch als Kollektiv nicht genügend handlungsfähig ist, jedenfalls nicht ohne amerikanische Beteiligung. Für die Aussöhnung zwischen Griechenland und der Türkei hat er ebenso viel getan wie für eine dauerhaft künftige Lösung des Zypern- und Nordirlandkonflikts.

Die Aussicht auf einen endgültigen Friedensvertrag im Nahen Osten, für den er all die Jahre so viel getan hat, ist Clintons persönliches Verdienst.
Der Preis ist auch Dank der Europäer, insbesondere des deutschen Volkes an das amerikanische Volk für den Aufbau der Demokratie, der Freiheit und des Wohlstandes nach 1945, für die Partnerschaft in der NATO, für die Hilfen bei der Gestaltung der Europäischen Union, für eine stabile Mittelmeerpolitik, für die nachhaltige Unterstützung beim Prozeß der Wiedervereinigung und bezüglich der Befriedung kriegerischer Konflikte zwischen europäischen Völkern, Kulturen und Religionsgemeinschaften.

Der Internationale Karlspreis des Jahres 2000 würdigt auch das positive pro-europäische Engagement einiger amerikanischer Präsidenten, Außenminister und Politiker.

Bill Clinton hat in Europa Partnerschaft demonstriert. Nach dem Mauerfall hat er durch seine Politik mit einem noch schwankenden, gefährdeten Rußland dazu beigetragen, die dortige innenpolitische Situation einigermaßen zu stabilisieren. Dadurch hat er mögliche Auseinandersetzungen zwischen den Völkern der ehemaligen Sowjetunion, aber auch der Russen mit europäischen Nachbarstaaten zu vermeiden geholfen.

Amerikaner und Europäer tragen heute in einem Bündnis freier Völker besondere Verantwortung für eine neue Weltordnung. Winston Churchill (Karlspreisträger 1955) hat einmal gesagt: "Der Preis der Größe heißt Verantwortung." Wir wissen, wie groß die Last der Verantwortung ist, die die USA in
Europa mittragen.

IV. Bill Clinton wurde am 19. August 1946 in Hope, Arkansas, geboren. Er war Justizminister von Arkansas, später Gouverneur. Am 20. Januar 1993 wurde er als 42. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt. Seine unbestreitbaren außen- und wirtschaftspolitischen Erfolge, aber auch seine Innen- und Sozialpolitik trugen dazu bei, daß er im Januar 1997 für die zweite Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika bestätigt wurde.

Bill Clinton ist seit 1975 mit Hillary, geborene Rodham, verheiratet. Das Paar hat eine Tochter, Chelsea.

V. Das Direktorium zur Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen will mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika einen Preisträger ehren, der sich in schwierigen und wechselvollen politischen Zeiten als Garant der amerikanisch-europäischen Wertegemeinschaft erwiesen hat. Dabei steht er stellvertretend für das gesamte amerikanische Volk.

Die beeindruckende Geschichte von weltpolitischer Verantwortung der Vereinigten Staaten von Amerika im 20. Jahrhundert begründet auch die Hoffnung auf eine entsprechende Dynamik für das beginnende 21. Jahrhundert.