Laudatio von Herrn Jean Rey, vormaliger Präsident der Europäischen Kommission

Laudatio von Herrn Jean Rey, vormaliger Präsident der Europäischen Kommission

Sehr geehrter Herr Präsident,
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Karamanlis,
Sehr geehrte Damen und Herren,

Als ehemaliger Preisträger des Karlspreises hat man mir die große Ehre gemacht, mich einzuladen, um hier das Wort zu ergreifen. Wollen Sie mir erlauben, den ersten Teil meiner Rede auf französisch zu halten, um leichter durch unseren hohen Gast, Herrn Ministerpräsident Karamanlis, verstanden zu werden.

Cher Monsieur le Premier Ministre,

C'est une tradition de cette belle cérémonie qu'au cours de celle-ci un des anciens titulaires du Prix Charlemagne salue l'hote de la journée. Comme c'est moins moi-màªme que toute la Commission que je présidais qui a été honorée il y a dix ans, ce sont exclusivement des aspects européens de votre exceptionnelle carrière que je voudrais souligner. En me demandant de prendre al parole ce matin, les organisateurs de cette journée ne m'ont pas seulement fait un grand honneur, ils m'ont aussi fait un grand plaisir. Sans doute se sont-ils souvenus que j'avais été pendant les années 1959-1961, au nom de la commission, le négociateur de l'accord signé à Athènes en 1961.

Ce sont des souvenirs mémorables. C'est dés le printemps 1959 que le mouvernement hellénique présidé par M. Karamanlis avait décidé, il y a presque vingt ans, au lendemain de l'échec de la négociation relative à la création d'une zone de libre-échange, d'approcher la Communauté et de lui demander de l'accueillir comme associé sur la base de l'article 238 du Traité. C'était une démarche audacieuse de la part des autorités grecques qui ayaient compris, les premières et avant beaucoup d'autres, l'importance de la nouvelle Communauté en formation et l'intéràªt pour la Grèce de lier son sort au sien.

Ces négociations ne furent pas faciles. Du coté de la Communauté c'étaient les premières du genre et il fallait mettre au point la coopération étroite qui s'est établie par la suite entre la Commission et le conseil. Du coté hellénique la négociation était poursuivie avec autant de compétence que de ténacité par une forte délégation conduite par M. Jean Pezmazoglou, ministre plénipotentiaire et sous-gouverneur de la Banque de Grèce. La volonté commune des parties permit d'aplanir les obstacles, et le 11 juillet 1961, par un soleil éclatant et dans une ville d'Athènes couverte de drapeaux nous assistà¢mes, au Parlement, à la signature solennelle de l'accord. L'ornateur hellénique était M. le Vice-président Canellopoulos; du coté de la communauté le président du conseil, M. Ludwig Erhardt s'était exprimé en allemand; mais le président de la commission le professeur Hallstein, helléniste consommé, provoqua une sensation en prononçant son allocution en grec moderne. Le soir le premier Ministre. M. Karamanlis donna une grande réception à l'hippodrome de Phalère. Ce fut une soirée inoubliable. Le ciel était splendide, l'Acropole illuminée brillait au loin, l'enthousiasme était général, et chargé de parler au nom de la communauté je pus dire que le 11 juillet 1961 était une grande journée pour la Grèce, une grande journée pour la Communauté, une grande journée pour l'Occident, une grande journée pour la liberté.

Es würde zu viel Zeit verlangen, die Geschichte unserer Assoziierung zu erzählen. Viele Fortschritte sind gemacht worden, andere Probleme, wie zum Beispiel die Agrar-Integration, waren nicht ganz gelöst, als 1967 unerwartet die Diktatur kam.

Die Tapferkeit der Bevölkerung war während dieser schweren Jahre bemerkenswert. Ich habe etwas davon gespürt, als mein Freund Pezmazoglu mich 1972 in Athen eingeladen hatte, um über die Probleme der Gemeinschaft zu sprechen. Der Widerstand, die Hoffnung auf die Wiederauferstehung der politischen Freiheit, wurden niemals zerstört. Während dieser Zeit blieb ein Mann unerschüttert im Ausland, ein Mann, der die Hoffnung, die Rettung, die Zukunft verkörperte, der Mann, den wir heute ehren.

Mein Freund, Botschafter Poensgen, Botschafter der Bundesrepublik in Athen, hat mir geschrieben, um die Tage des Sturzes der Diktatur hier nochmals zu schildern. Ich zitiere: "Wer von uns erinnert sich nicht: ein Sommerabend in Athen; die Menschen jubeln. Die Tyrannen sind entmachtet, überwältigt von der Freiheitsliebe eines Volkes. Menschen singen und tanzen auf den Straßen, Autos lärmen, der Verkehr steht still. Wird es ein Chaos geben, werden die Menschen ihrer Empörung über erlittenes Unrecht freien Lauf lassen? Sollen jetzt Rache und Zügellosigkeit auf Gewalt und Schmach folgen? Plötzlich wenden sich die Gesichter und Lichter einem Ereignis zu, das jetzt alleine die Szene beherrscht. Ein Mann kehrt nach elfjährigem Exil in sein Vaterland zurück, buchstäblich getragen vom Vertrauen der Menschen. Wir sehen das Gesicht, die Gesten des Mannes, erkennen sein Einverständnis mit dem Volke und wir wissen, Europa hat seine Demokratie, seine älteste, zurückgewonnen."

Nun stehen wir vor einer neuen Etappe. Griechenland hat seinen Beitritt in die Europäische Gemeinschaft verlangt. Herr Ministerpräsident Karamanlis hat seinen Beschluß so gerechtfertigt.

(Ich zitiere):

"Ich bin zutiefst überzeugt und wiederhole es noch einmal: Nur durch den Zusammenschluß der wirtschaftlichen und kulturellen Kräfte Europas können wir hoffen, Freiheit und Demokratie auf unserem Planeten überleben zu sehen. Europa mit seiner alten und wertvollen geistigen Tradition bietet uns eine Gewißheit des Gleichgewichts; es stellt in einer Welt erschreckender Größenordnungen das Maß dar. .... Wir müssen mutig, sehr mutig sein, um die Grundlagen der Freiheit zu festigen und um zu bekräftigen, daß sie auch im überstaatlichen Bereich die Quelle menschlichen Glücks ist."

Es ist nicht meine Aufgabe, eine Analyse der Verhandlungen zu machen. Sie sind sicher nicht leicht, und sie werden noch eine gewisse Zeit verlangen; aber beide Seiten haben eine große Erfahrung der Probleme. Unsere griechischen Freunde sind seit beinahe zwanzig Jahren mit der Gemeinschaft assoziiert. Die Probleme der Zollunion sind zum großen Teil geregelt. Die anderen sind mehr schwierig, aber nicht unlösbar. So können wir vermuten, daß die Verhändler die notwendigen Konzessionen auf beiden Seiten machen werden, um diesen Erfolg zu erreichen. Dann wird die Phase der Ratifizierung in unseren zehn Parlamenten kommen. Das gibt mir am Ende meiner Rede die Gelegenheit, von den Sorgen zu sprechen, die man manchmal hier oder da in der Gemeinschaft hört, über die Schwierigkeiten, ja über die Gefahren der Erweiterung der Gemeinschaft. Das Leben zu sechs war niemals leicht; das Leben zu neuen ist schwieriger geworden; so viele Probleme wie gemeinsame Industrie-Politik, Währungs-Politik, und im ganzen die Wirtschaftliche- und Währungs-Union sind noch nicht gelöst; ist wirklich die Zeit gekommen, drei neue Mitglieder in der Gemeinschaft zu akzeptieren?

Zwei Bemerkungen sind hier zu machen. Erstens: Wir haben Griechenland seinen Beitritt seit vielen Jahren versprochen. Es ist schon im Artikel 70 unseres Vertrages von 1961 festgehalten. Die Zeit ist nun gekommen für uns, dieses Versprechen zu realisieren, und es ist unsere Aufgabe, den Griechen bei der Lösung ihrer Probleme zu helfen.

Zweitens: Die Mittel hängen von uns ab, sie stehen zu unserer Verfügung.

Die direkte Wahl unseres Parlaments, die nächstes Jahr endlich stattfinden wird, wird natürlich der Integration Europas einen starken Impuls geben; ein direkt gewähltes Parlament wird zweifellos einen wirklichen Motor der Integration in der Gemeinschaft bilden. Aber, und dies ist wichtig: Wir müssen die Einstimmigkeit der Beschlüsse im Rat abschaffen und zur normalen Praxis der Verträge zurückkommen.

Die Kommission hatte das schon 1969 dem Rat gesagt, als sie ihren Bericht über die Erweiterung und den Beitritt Englands vorgelegt hat. Die Erweiterung verlangt den vollen Respekt der Vorschriften der Verträge, hatten wir gesagt. Unsere Staatsoberhäupter und Regierungschefs, die 1974 in Paris zusammengetreten waren, haben dies offiziell anerkannt. Die Zeit der Mehrheitsbestimmung ist nun gekommen. Dies bedeutet, daß Langsamkeit und Lahmlegung unseres Rates in der Gemeinschaft ein Ende finden werden. Herr Minister Simonet hat als Präsident des Rates neulich davon eine glänzende Demonstration gemacht. Der Beitritt Griechenlands wird uns nicht eine Erschwerung, vielmehr eine echte Gelegenheit bringen, unsere Gemeinschaft zu modernisieren und unsere Institutionen an die Notwendigkeiten einer Gemeinschaft von beinahe 300 Millionen Menschen anzupassen. Das hängt von uns ab.

Herr Ministerpräsident,

Ce ne sera pas seulement un honneur, ce sera une joie pour nous d'accueillir prochainement votre pays dans la Communauté.

Es wird nicht nur eine Ehre, es wird eine Freude sein, Ihr Land in der Gemeinschaft bald willkommen heißen zu können. Wir sind sicher, daß Ihr Name in der Zukunft geknüpft bleiben wird an diejenigen, die unseren Kontinent versammelt und gebaut haben, und die wir hier in Aachen so oft geehrt haben. Mit Bewunderung, mit Dankbarkeit.