Finnland: w.in.c workshops

Finnland: w.in.c workshops

Wir planen die Durchführung von Workshops für Filmemacher. Dank der technischen Entwicklung ist heute fast jeder in der Lage, Filme zu drehen und damit seine eigene Geschichte zu erzählen. Der Rückgang der Preise hat die Filmproduktion demokratisiert. Diese Entwicklung möchte sich w.in.c mit seinen Workshops zunutze machen und neue, originelle Geschichten erzählen, die unsere Identität als Frauen und als Europäerinnen widerspiegeln. Unser Ziel besteht darin, ein internationales Netzwerk von Frauen aller Altersgruppen zu bilden, in dessen Rahmen wir durch die gemeinsame Nutzung und den Austausch von Filmen, die die weibliche Identität und Geschichte vor und nach der Gründung der Europäischen Union thematisieren, Fragen der europäischen Identität behandeln und diskutieren. Wir haben uns für die Arbeit mit Frauen entschieden, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass wir nach wie vor in beruflicher, sozialer und kultureller Hinsicht vielfach unterrepräsentiert sind. Wir sind vier Frauen unterschiedlicher Nationalität und Herkunft, aber wir haben einen Weg gefunden zusammenzuarbeiten, und wir möchten diese Erfahrung auf andere Frauen übertragen. Wir möchten stärker auf die Rollen der Frauen aufmerksam machen, indem wir Frauen aller Altersgruppen und unterschiedlicher Herkunft aus verschiedenen Ländern und Kontinenten veranlassen, über die Rolle der Frauen in der Gesellschaft zu sprechen und nach Gemeinsamkeiten zu suchen. Auf der Grundlage der persönlichen Geschichten und Erfahrungen dieser Frauen möchten wir das Medium Film nutzen, um auf diese Problematik grenzübergreifend aufmerksam zu machen. Wir werden die Teilnehmer der Workshops für Filmemacher schulen und anleiten, um ihre Fertigkeiten als Geschichtenerzähler und Filmemacher weiter auszuprägen. Wir werden sie mit der Arbeit mit Kameras, Tonausrüstungen und Filmbearbeitungsprogrammen vertraut machen, damit ein Film entsteht, der sowohl persönlichen als auch internationalen Charakter trägt. Indem wir unterschiedliche, ganz normale Frauen zusammenführen und das Material ins Internet stellen, können wir Verbindungen herstellen und Vorbilder für junge Frauen schaffen. Durch diese Interaktion können wir einander an unseren Leistungen und Träumen teilhaben lassen und uns gegenseitig inspirieren und unterstützen. Wir wollen zeigen, dass es darauf ankommt, Filme zu drehen, in denen es um soziale Verantwortung geht und nicht um Prominente und darum, wie man schnell reich wird. Obwohl in diesem Projekt Frauen aller Altersgruppen zu Wort kommen, ist es von großem Nutzen für junge Menschen und gibt ihnen die Möglichkeit, sich zu engagieren und zu erkennen, woher sie kommen und was sie erreichen können. Sie sind es, die wir mit unserem Projekt erreichen und zu deren Entwicklung wir beitragen wollen. Für die Workshops ist ein Zeitraum von zehn Tagen vorgesehen. Die Teilnehmerinnen werden lernen, ihre Geschichte durch das Medium Film zu erzählen. Sie werden etwas über die europäische Geschichte, Identität und die Rolle der Frau erfahren. Sie werden lernen, ein Drehbuch zu schreiben, sie werden sich mit den verschiedenen Abschnitten der Filmproduktion vertraut machen und schließlich ihre eigene Geschichte verfilmen und den Film bearbeiten. Teilnahmeberechtigt sind Personen ab einem Alter von 16 Jahren, wobei Herkunft, Bildung, Beruf oder Religion keine Rolle spielen. Die Workshops werden auf Englisch durchgeführt, wobei Englischkenntnisse nicht unbedingt erforderlich sind, da eine Unterstützung der Gruppen und deren Kommunikation durch Freiwillige geplant ist. Das Internet bietet die Möglichkeit, all diese Erfahrungen mit Nutzern innerhalb und außerhalb unserer Landesgrenzen zu teilen. Die Mitglieder von w.in.c werden diesen Prozess aufzeichnen, und wir haben vor, online ein internationales Filmfestival zu veranstalten. In der Vergangenheit gab es bereits ähnliche Projekte. Ein bekannter Regisseur hatte 2010 Filmemacher in der ganzen Welt zur Teilnahme an einem Projekt mit dem Titel „Life in a Day“ aufgerufen. Dabei ging es darum, das gesamte Material zu einem 90-minütigen Dokumentarfilm über verschiedene Erlebnisse an ein und demselben Tag weltweit zusammenzustellen. Dem Veranstalter gingen über 4 500 Stunden Filmmaterial zu. Die diesem Projekt zugrunde liegende Idee ist unseres Erachtens zwar großartig, dennoch wollen wir den Prozess des Filmemachens und der Zusammenarbeit in den Mittelpunkt stellen und weniger das eigentliche Endprodukt. Wir glauben, dass die Workshops und die Möglichkeit, als Kollektiv zu arbeiten, den sozialen Zusammenhalt und die Integration fördern. Wer sind wir? w.in.c – women’s independent collective films wurde 2008 in London von Mitarbeitern und Absolventen des MA-Studiengangs Filmkunst der Kingston Universität London gegründet. Anliegen von w.in.c ist es, nicht nur die patriarchalische Filmindustrie in Frage zu stellen, sondern auch die Art der Produktion und die Rollenverteilung dabei. Inspiriert hat uns die Tatsache, dass wir in unterschiedlichen Ländern leben, aber einmal im Jahr zusammenkommen, um ein gemeinsames Projekt durchzuführen und unsere Begeisterung für den Film zu teilen. Wir wollen herausfinden, ob es für eine Gruppe von Frauen aus vier verschiedenen Teilen der Welt möglich ist, trotz der geografischen Distanz zusammenzuarbeiten und Wege für eine Fortsetzung dieses Prozesses zu finden. Das erste Projekt von w.in.c bestand darin, nach Kuba zu reisen, um beim 7. Festival Internacional del Cine Pobre Humberto Solas, dem Internationalen Low-Budget-Filmfestival in Gibara, dabei zu sein. Wir sahen im Verlaufe der Woche zahlreiche Filme aus dem ganzen Land und trafen mit Kolleginnen und Kollegen zusammen, was uns veranlasste, gemeinsam unseren ersten Film zu drehen. „The Road to Gibara“ ist ein 21-minütiger zweisprachiger Dokumentarfilm über das Festival und das, was wir dort erlebt haben. Wir stellten fest, dass wir gefilmt wurden, weil wir anders aussahen – vier Frauen mit Kameras. Unsere Nationalitäten wurden zu unserem Erkennungsmerkmal: Claudia, La Colombiana; Sabela, La Gallega (aus Galizien in Spanien); Abbe, La Inglesa und Petra, La Finlandesa. Wir fanden das faszinierend, und es schürte unser Interesse an kulturellen Identitäten. Das war das erste Mal, dass wir zusammengearbeitet hatten, und wir entwickelten dabei unsere eigene Ethik der Filmproduktion, wobei jede von uns reihum Gelegenheit hatte, mit Kamera oder Kopfhörern zu arbeiten, und wir damit die Vorstellung der hierarchischen Produktion ablehnten. Gegenwärtig bereiten wir gemeinsam unser zweites Projekt vor; wir planen, im April 2011 nach Medellà­n zu reisen, um unsere Suche nach Geschichten über die Rolle der Frau in Film und Gesellschaft weltweit und unsere Auseinandersetzung damit fortzusetzen. Die europäische Identität setzt sich aus der Gesamtheit der verschiedenen Kulturen und Sprachen Europas und aller individueller Beiträge seiner Bürger zusammen. Mit diesen Workshops können wir ein gemeinsames Gefühl der Zugehörigkeit entwickeln. Die Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit und Gegenwart kann Frauen helfen, eine bessere und gemeinsame Zukunft aufzubauen.



(Der vorstehende Text gibt die von den Projektträgern selbst erstellte Zusammenfassung ihres Wettbewerbsbeitrags zum Europäischen Jugendkarlspreis 2011 wieder.)