Karlspreis-Europa-Forum 2011

Karlspreis-Europa-Forum 2011

Trichet: „Wir haben die Stabilität des Euro sichergestellt.“

Eine positive Bilanz der europäischen Währungsunion zog der Karlspreisträger 2011, Jean-Claude Trichet, am Vortag der Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen. „Wir haben die Stabilität des Euro sichergestellt“, sagte Trichet mit Blick auf eine Inflationsrate von unter 2 Prozent seit Einführung der Gemeinschaftswährung. „Das ist besser als das, was jedes einzelne Land der Euro-Zone in den letzten 50 Jahren erreicht hat.“

Während die Währungsunion umgesetzt sei, stehe die Wirtschaftsunion allerdings vor erheblichen Herausforderungen. Wie ein Röntgenstrahl habe die Krise allen Staaten der Welt ihre Schwächen offenbart. „Wir müssen nun die Lektionen aus der Krise lernen“, so Trichet.

Grußwort von Jean-Claude Trichet zum Karlspreis-Europa-Forum 2011

 

Diese Lektionen, die Lehren aus der Euro-Krise und Europas Rolle im Globalisierungsprozess diskutierten hochkarätige Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien am Mittwoch beim Karlspreis-Europa-Forum im Ratssaal des Aachener Rathauses.

Der Euro sei die gerade noch rechtzeitige Antwort auf die Globalisierung, sagte Theo Waigel, der als ehemaliger deutscher Finanzminister maßgeblich an der Euro-Einführung beteiligt war. „Heute kann sich keiner mehr vorstellen, mit 27 verschiedenen Währungen in der Weltwirtschaft zu agieren.“ Für den ehemaligen Finanzminister unter Bundeskanzler Helmut Kohl kann Europa künftig zwischen sich gegenüberstehenden Währungen wie Dollar und Yen eine wichtige Mittlerrolle einnehmen. Auch Waigel lobte die Stabilität im Euroraum: „Weniger als 2 Prozent Inflation – in Deutschland sogar nur 1,5 Prozent – das ist eine fabelhafte Bilanz.“

Fehler in der Agenda von Lissabon hat allerdings der ehemalige spanische Ministerpräsident und Karlspreisträger von 1993, Felipe González, ausgemacht. Einig seien sich die Regierungen zwar in der Diagnose gewesen, dass die Europäische Union an Wettbewerbsfähigkeit verliere. Entschieden habe man sich aber für eine offene Koordinierungsmethode nach dem Motto: Jedes Land für sich. „Gemeinsame Strukturreformen, die der Globalisierungsprozess erfordert hätte, wurden nicht in Angriff genommen“, so González.

„Europa soll die Krise nicht verschwenden, sondern als Chance sehen, die Fundamente, aber auch die Ziele der Europäischen Union neu zu überlegen.“ Das hatte zuvor John C. Kornblum den Europäern auf die Agenda geschrieben. Der ehemalige US-Botschafter und heutige Berater hält eine Neugestaltung der Europäische Union für unabdingbar, dazu gehöre dass in der Euro-Krise die EU sich auch als Transferunion verstehe: Die starken Staaten müssten die schwächeren Staaten unterstützen.

Gute Chancen, gestärkt aus der Krise hervor zu gehen, sieht auch Claus J. Raidl, Präsident der Oesterreichischen Nationalbank: „Wir haben keine Krise des Euros. Der Euro als Zahlungsmittel ist unbestritten.“ Die Währung brauche aber eine einheitliche Wirtschaftspolitik, so Raidl: „Wir müssen Kompetenzen nach Brüssel abgeben.“

Mehr Koordination der Finanzpolitik der Euro-Staaten durch die EU fordert auch Gerhard Hofmann. Deutschland müsse dabei Vorbild sein, so das Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, und seine Staatsfinanzen als erstes Land in Ordnung bringen. Anders als Raidl, der den Institutionen in Brüssel deutlich mehr Macht geben will, warnte Hofmann jedoch vor einer Überregulierung und zu viel Bürokratie.

Zentraler Punkt für den Weg aus der Krise, darin waren sich alle Redner des Vormittags einig, sei das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Euro und die Europäische Union. Hofmann: „Europa kann viele Reformen anstoßen, aber es muss auch die Menschen mitnehmen.“ Die Politik müsse allerdings auch ihre Führungsrolle und Verantwortung wahrnehmen und den Bürgern in Europa auch die unbequemen Wahrheiten vermitteln.

Impulsstatements zum Karlspreis 2011

 

Das Karlspreis-Europa-Forum mit hochkarätigen Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien findet jedes Jahr am Tag vor der Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen im Aachener Rathaus statt. Ausrichter ist die Stiftung Internationaler Karlspreis zu Aachen, die sich die politische, wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Förderung des europäischen Integrationsprozesses sowie die Entwicklung eines europäischen Bewusstseins der Bürger auf die Fahnen geschrieben hat. Mitveranstalter und Unterstützer des Forums ist der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). „Wir verstehen uns als Teil des europäischen Diskurses“, sagt der Sprecher des Vorstandes der Aachener Karlspreisstiftung, Dr. Michael Jansen, und lobte die Veranstaltung: „Die Probleme sind deutlich geworden, Ansätze von Lösungen haben wir gehört.“ Nun brauche es entschlossene und mutige Führung in Europa, die den Bürgern die Ziele zeigt.